Mit Entsetzen habe ich die Ankündigung der USA gelesen, ab sofort sämtliche Zahlungen an den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) zu streichen. Nach Wiedereinführung der sogenannten Global Gag Rule durch Präsident Trump Ende Januar ist das ein weiterer herber Schlag für die Gesundheit und Rechte von Frauen weltweit. Als Grundlage für die Streichung der Beiträge dient der US-Regierung die Kemp-Kasten Novelle, die US-Unterstützung für „Zwangsmaßnahmen“ bei der Familienplanung verbietet. Im konkreten Fall die Arbeit von UNFPA in China. Diesen Vorwurf weist UNFPA entschieden und mit überzeugenden Argumenten zurück. Seit vielen Jahren arbeiten wir als DSW mit UNFPA zusammen, um gemeinsam das Ziel zu erreichen, dass jede Schwangerschaft gewollt, jede Geburt sicher ist und Frauen und Paare bei der Familienplanung frei entscheiden können. Besonders in Entwicklungsländern sind wir aber leider noch sehr weit von diesem Ziel entfernt.

Wie viel noch in den Bereichen Frauengesundheit und freiwillige Familienplanung zu tun ist, zeigen die Zahlen: 225 Millionen Frauen in Entwicklungsländern haben noch immer keinen Zugang zu modernen Verhütungsmitteln. In der Folge kommt es jährlich zu 74 Millionen ungewollten Schwangerschaften. Viele davon betreffen junge Frauen, deren Körper noch nicht für eine Geburt bereit sind und denen Zugang zu guter ärztlicher Betreuung fehlt. Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt sind die zweithäufigste Todesursache bei Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren. Durch die jetzt angekündigte Streichung der finanziellen Unterstützung an UNFPA laufen wir Gefahr, bisher erreichte Erfolge bei der Frauengesundheit wieder zu verlieren. Das ist unverantwortlich und eine Verletzung des Menschenrechts auf freie Entscheidung.

Gefahr eines Dominoeffekts

Das Signal, das die Weltmacht USA aussendet, ist fatal. Schaut man sich die aktuelle Weltlage an, ist eine Verschlechterung des politischen Umfelds für Frauenrechte zu erkennen. Nicht ohne Grund kommt es in letzter Zeit immer wieder zu Protesten gegen Entscheidungen und Gesetzesänderungen, die die Rechte von Frauen einschränken oder bereits erzielte Erfolge wieder zurücknehmen. Durch die jetzige Entscheidung der USA, Gelder für eine Einrichtung der Vereinten Nationen zu streichen, werden sich viele konservative Regierungen weltweit in ihrer Haltung bestärkt fühlen.

Die dramatischen Folgen bekommen vor allem Jugendliche und Frauen in Entwicklungsländern zu spüren. Umso wichtiger ist es, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Ein Beispiel ist die Initiative „She Decides“, die sich nach Wiedereinführung der Global Gag Rule gegründet hat. Die von europäischen Staaten ins Leben gerufene Initiative will die durch die Global Gag Rule entstehende Finanzierungslücke für Familienplanung füllen und auf die bedrohte Gesundheit und Rechte von Frauen aufmerksam machen. An der Initiative beteiligen sich Regierungen, internationale Organisationen, private Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen. Deutschland hat hier bisher leider noch keine Zusage gemacht. Ich hoffe sehr, dass sich die Bundesregierung nach den neuesten Entwicklungen endlich einen Ruck gibt und ein Zeichen für Frauengesundheit und Frauenrechte setzt.


Kemp-Kasten Gesetzesnovelle

Der Zahlungsstopp an UNFPA wird mit der Kemp-Kasten Gesetzesnovelle begründet, die erstmals 1985 unter Ronald Reagan in Kraft trat. Sie besagt, dass Organisationen, die Programme zur Zwangsabtreibung oder unfreiwilligen Sterilisation unterstützen oder durchführen, keine US-amerikanischen Entwicklungsgelder erhalten dürfen. Auf welche Organisationen das zutrifft, liegt in der Interpretation der jeweiligen Regierung. Ähnlich wie bei der Global Gag Rule stellten republikanische Präsidenten auf dieser Grundlage die Zahlungen an UNFPA ein (1985–1998: Reagan, Bush Senior; 2002–2008: Bush Junior), demokratische Präsidenten nahmen die Zahlungen jeweils wieder auf (1993–1998 und 2000–2001: Clinton; 2009–2016: Obama).

Quelle: Population Action International (PAI)